Der Münchner Jakobsweg wurde 20 Jahre alt
Welche Freude!
Mehr als 200 Pilger strömten in die Kirche St. Jakob am Anger, um gemeinsam den Gottesdienst zum 20-jährigen Jubiläum des Münchner Jakobswegs zu feiern. In der wunderschön ge-schmückten Kirche zelebrierte Abt Dr. Johannes Eckert, OSB, die Festmesse.
Durch die stimmungsvollen Orgelklänge und die glockenklaren Stimmen der Armen Schulschwestern wurden Kyrie, Antwortpsalm und Halleluja zu einem wahrhaft „himmlischen“ Gesang. Lag es an der Freude darüber, dass die Schwestern so glücklich waren, weil ihre Kirche so voll war wie schon lange nicht mehr?
Der Gottesdienst stand, ebenso wie der ganze Jubiläumstag, unter dem Zeichen des Weges und des Gehens. Auf dem Pilger- und Lebensweg. Schon der Kirchenvater Augustinus hat geschrieben: „Alle Wege, zu denen der Mensch aufbricht, zeigen ihm an, dass sein ganzes Leben ein Weg ist, ein Pilgerweg zu Gott“.
In seiner Predigt sprach Abt Johannes davon, wie wichtig Bewegung und Beweglichkeit für die Menschen sind: „Das viele Sitzen macht uns krank…“ Und dass ein Pilgerweg eine gute Gelegenheit sei, beweglich zu bleiben: „Christsein bedeutet, sich immer wieder auf den Weg zu machen, auch in den Begegnungen – mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit Gott, der oft unerkannt nach Emmaus mitgeht, wie es Lukas, der Evangelist des Weges, erzählt. Alle sind wir von Gott eingeladen, uns auf den Weg zu machen. Viele verspüren eine große Sehnsucht, die Nähe Gottes zu erfahren und erfahrbar zu machen. Manchmal genügt schon ein gutes Wort, eine kleine Hilfe oder ein Dankeschön". Und er brachte dazu Beispiele aus der Bibel: „Abraham verlässt seine Heimat, Mose macht sich mit dem Volk auf den Weg, Elija flieht auf den Gottesberg Horeb". Wege entstehen beim Gehen.
Der Abt gab den Pilgern ein Zitat von Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti zum Nachdenken mit auf den Weg:
„Wo kämen wir hin,
wenn jeder sagte,
wo kämen wir hin,
und keiner ginge mal
nachsehen, wo man hinkäme,
wenn man hinginge.“
Erst bei längerem Nachdenken über diesen undurchsichtigen Satz stellt man fest, dass die Kompliziertheit des Gehens kaum treffender dargestellt werden kann. Wenn man sich regelmäßig vergewissert, ob die Richtung stimmt, findet sich der Weg ganz automatisch.
Auch Tagesgebet und Lesung, vorgetragen von Monika Hanna und Barbara Massion, bezogen sich auf den Weg und die Wirkung des Gehens auf die Menschen. In den Fürbitten betete Reinhold Hanna für alle Menschen, die am Zustandekommen des Münchner Jakobswegs beteiligt waren, für die Gemeinden, die den Weg pflegen, für die Herbergseltern am Weg, die den Pilgern Unterkunft und Verpflegung gewähren, für die Pilger unterwegs und für die Menschen, die sich für den Weg eingesetzt haben und bereits am Ende ihrer irdischen Pilgerschaft angekommen sind, wie Herbert Helbing, Bürgermeister Gerd Hoffmann aus Schondorf, Altabt Odilo Lechner von St. Bonifaz und Andechs, Frater Lambert, Gastmeister im Kloster Andechs.
Mit dem beliebten irischen Segenslied „Möge die Straße“ und dem Segen von Abt Johannes klang die Festmesse aus. Im Anschluss daran wurden etliche Pilger mit Rucksack, Pilgerstab, Jakobsmuschel und Pilgerausweis offiziell nach Santiago ausgesandt.
Monika Hanna bedankte sich bei allen, die mitgeholfen haben, diesen festlichen Gottesdienst zu gestalten, besonders bei Abt Johannes und den Schwestern des Angerklosters. Danke auch an die Menschen am Weg, die Gemeinden, die Klöster, die Herbergseltern und Privatvermieter, und bei allen, die sich der Pilger annehmen. Und natürlich auch bei den tausend bis zweitausend Pilgern, die jedes Jahr von München aus auf den Jakobsweg aufbrechen. Und nicht zuletzt bei St. Jakobus selbst, unserem Pilgerpatron, der in den vergangenen 20 Jahren seine schützende Hand über den Weg und seine Pilger gehalten hat.
Dieter Sawinsky, Monika Förster und Michael Kaminski vertraten die Fränkische St-Jakobus-Gesellschaft Würzburg und überbrachten deren Grüße. Dieter Sawinsky gratulierte zur erfolgreichen Einrichtung und jahrelangen Pflege des Weges und überreichte eine wunderschöne große Pilgerkerze, gefertigt in der Benediktinerabtei Maria Frieden, Kirchschletten. Sie ziert schon den Altar von Jakobus in der Kirche und wird bei viele Aussendungen ihr warmes Licht leuchten lassen. Herzlichen Dank dafür!
Als Reinhold Hanna anschließend die Menschen in der Kirche fragte, wer sich mit auf den Weg begibt zur Pilgerwanderung auf dem ersten Teilstück des Münchner Jakobswegs nach Pullach, reckten sich trotz der angekündigten Regen- und Gewitterwarnungen über 80 Hände in die Höhe. Und es war eine inspirierende und fröhliche Pilgerschar, die sich auf den Weg machte.
Vom Jakobsplatz über den Marienplatz, wo wir uns von Maria mit dem Lied „Segne du Maria“ verabschiedeten, über das Tal zur Ludwigsbrücke und zum Deutschen Museum. Während wir auf die letzten Pilger warteten, erzählte Reinhold Hanna vom Planetenweg, der hier bei der Sonne im Museumshof beginnt und über 4,5 km entlang der Stationen von Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun zum Pluto am Eingang des Tierparks führt. Von der Sonne bis zu Pluto brauchen Erwachsene etwa 5900 Schritte. Ein Schritt auf dem Planetenweg entspricht etwa einer Million Kilometer im Weltall. Dieses riesige Universum ist für uns kaum vorstellbar, ebenso wie die Vorstellung, dass dies alles nur durch Zufall, ganz ohne Schöpfer, zustande gekommen sein soll. Zustimmendes Nicken der Köpfe begleitete die Ausführungen von Reinhold. Ein Gedanke für den Jakobsweg, über den man beim Gehen lange nachdenken kann. Zumindest dann, wenn man allein unterwegs ist. An diesem Jubiläumstag standen die bereichernden Gespräche mit Mitpilgern im Vordergrund.
An der Isar entlang zum nur ein paar Schritte entfernten Rosengarten, einer kleinen Oase mit einem Meer von Rosen, die das Auge erfreuen. Zu allen Jahreszeiten hält er für seine Besucher eine bunte Blumenpracht bereit. Sogar ein kleiner Giftgarten ist angelegt. Für längeres Meditieren über die Flora reichte an diesem Tag die Zeit nicht aus, nach kleiner Trinkrast gings weiter an der Isar, wo wir am Isarstrand nahe der Thalkirchner Brücke warteten, bis die Gruppe wieder vollständig war. Währenddessen berichtete Michael Kaminski, der Leiter des Spirituellen Zentrums in St. Martin, München, vom spanischen Pilgerkreuz Cruz de Ferro nahe Foncebadón. Dort legen Pilger einen Stein ab, dem sie ihre Sorgen und Nöte anvertraut haben. Symbolisch legen sie damit ihre Last ab, um dann befreit nach Santiago weiterzugehen. Michael Kaminski ist sich ziemlich sicher, dass dort auch viele Isarkiesel liegen, die hier ausgesucht und mitgetragen wurden.
Hinter der Marienklause überquerten wir die Isar westwärts, kamen zum Hinterbrühler See und wanderten am Kanal entlang zur Großhesseloher Brücke. Bis hierher hatten wir uns an der romantischen Auenlandschaft des Isartals erfreut, nun gings etwas mühsam den Berg hinauf zum Hochufer. Doch die nahe Waldwirtschaft lockte, wir konnten unseren Durst im Biergarten hervorragend löschen und uns an den bayrischen Schmankerln gütlich tun. Die angeregten Gespräche, von Jazzmusik begleitet, erinnerten an die abendlichen Pilgergespräche in den Herbergen, Geschichten vom Jakobsweg machten die Runde, es wurden Erinnerungen ausgetauscht und vielleicht auch neue Freundschaften geschlossen.
Nach über einer Stunde Rast erschreckte uns plötzlich der Blick zum Himmel. Bis hierhin hatte uns die Sonne begleitet, nun fegten große schwarze Wolken über den Himmel der Stadt hinter uns und es grollte – zunächst noch sanft. Schneller als geplant brachen wir auf, es grollte heftiger, aber nicht über uns, sondern das Gewitter tobte sich hinter und neben uns aus – wir aber kamen trockenen Fußes bis nach Pullach. Am Ortseingang begann es zu regnen, bis wir alle unsere Regenanoraks übergezogen hatten, war es schon wieder vorbei. Trotzdem waren wir erleichtert, als die evangelische St. Jakobuskirche vor uns auftauchte. Wir hatten sie ausgesucht, weil sie die Einheit der christlichen Religionen auf dem Jakobsweg symbolisieren sollte, damit sich jeder Pilger willkommen fühlen darf. Und wir spürten das Wohlbefinden sofort in dieser kleinen Kirche, die eine ruhige, stimmungsvolle Atmosphäre verbreitet, in der man gut beten und meditieren kann. Pfarrer Martin Zöbeley erwartete uns bereits und hielt die evangelische Abschlussandacht. Auch sie bezog sich in Gebeten und Liedern auf das Gehen und den Weg zum Ziel: „Bleibe bei uns und bei allen, die mit uns auf dem Weg des Lebens gehen.“ Mit dem Segen von Pfarrer Zöbeley und dem Dank von Barbara Massion an die zahlreichen Pilger, die diesen Tag mit uns begangen haben, endete der wunderschöne gemeinsame Pilger-Feiertag.
Und nicht zuletzt können wir den vielen Jakobus-Wundern auf seinem Weg ein kleines hinzufügen: In München und Umgebung goss es mehrfach in Strömen, es gab etliche Gewitter, vor denen wir uns gefürchtet hatten, und wir Jakobspilger konnten – Dank Jakobus – bei Sonnenschein und trockenen Fußes von München nach Pullach wandern.
Wir bedanken uns nochmals herzlich bei allen, die diesen Tag mit geplant, vorbereitet und gestaltet haben und bei den über 200 Pilgern, die gekommen sind, um ihn gemeinsam zu feiern, miteinander zu beten, zu singen und zu wandern und damit einen Pilgertag à la „Camino de Santiago“ zu verbringen.
Zum Abschluss ein Gebet, das wir auf einer Passhöhe in den Pyrenäen gefunden haben. An einem alten Kreuz neben einer Jakobusfigur. Ein Kanoniker vom Simplon Hospice verfasste es:
Gebet des Pilgers vom Berg:
Lass es geschehen, Herr, dass ich pilgere,
dass ich über die Höhen dir entgegen steige,
die Bürde meines ganzen Lebens mit mir trage,
mit allen meinen Brüdern, mit der ganzen Schöpfung,
in kühnem Mut, Dich zu verehren.