Gott meiner Wege,
du kennst die Wege, die hinter mir liegen und
die,
die noch vor mir sind.
Du weißt um die Erfahrungen, die ich gemacht habe,
um die vielen schönen Stunden,
die guten Erinnerungen und Begegnungen
und um die dunklen, einsamen Stunden,
in denen ich nicht wusste,
wie es weitergehen kann.
Gott meiner Wege
Ich bitte dich um Mut und Phantasie,
auch einmal ungewohnte Wege zu gehen.
Ich danke dir für meinen Weg,
für die Menschen, die ihn mit mir gehen,
die mir Wegbegleiter, Raststätte, Quelle,
Stütze und Orientierung sind und waren.
Ich danke dir,
Gott meiner Wege.
Schon wieder gab‘s einen Geburtstag zu feiern: Erwin. Er und Manuela, seine Frau, beteten gemeinsam das Morgengebet in der Kirche, anschließend stimmte Jakob den Kanon „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn an“, in den alle kräftig einstimmten. So begann der Tag angemessen feierlich. Gegen 9:00 Uhr starteten wir auf den Carl-Hirnbein-Weg, der über fußfreundliche Sägespäne wunderschön aufwärts durch den Wald führt. Hängematten, schwankende Holzbohlenstege mit dicken Halteseilen, Balancierstangen und anderes mehr zieren den Weg. In der großen Kletterspinne aus dicken Seilen fühlen sich offensichtlich nicht nur Kinder wohl, Jörg erkletterte sie schnell und hing wie „Spiderman“ völlig schwindelfrei mittendrin. Um 10:30 Uhr erreichten wir Wilhams, leider war das Gasthaus Sonne verriegelt, so dass wir nach Aigis mit der kleinen Kapelle des hl. Rochus weiterwanderten und unterwegs auf den Bänken vor einem einsamen Wochenendhaus rasteten. Unser Geburtstagskind verblüffte alle: Nach der Brotzeit holte er aus seinem Rucksack tatsächlich eine große Flasche Apfelbrand heraus, die er extra mitgeschleppt hatte, damit wir alle auf sein Wohl trinken konnten. Ob wir deshalb an der Abzweigung hinter Mutten nicht gleich bemerkten, wie stark der Bauer die Wiese geodelt hat? So einfach war der Geruch gar nicht wieder loszuwerden! In Zell begeisterte uns zuerst das Kirchlein St. Bartholomäus mit seinen wunderschönen Altären, der Hauptaltar – als gotischer Schrein gearbeitet – sowie die Seitenaltäre sind Meisterwerke der Gotik des 15. Jahrhunderts mit holzgeschnitzten Figuren, darunter auch der heilige Rochus, Pilgerpatron, er wird von den Italienern besonders verehrt. Auch die Fresken stammen aus dieser Zeit und zeigen neben Szenen aus dem Leben der Muttergottes auch die ersten Märtyrer, natürlich ist auch die Enthauptung des hl. Jakobus dabei. Da der nahe Geißler-Hof geschlossen war, lockte uns in Buflings ein verführerischer Kaffeeduft ins Cafe des Golfhotels. Wir schickten Reinhold voraus – ob die Golfer uns einfachen Wanderer wohl einließen? Ja es klappte, doch als wir alle an den Tischen saßen, machte sich ein ziemlich starker Odelduft bemerkbar – sollten das unsere Schuhe unter dem Tisch sein? Die anderen Gäste zeigten sich jedenfalls sehr freundlich und erleichtert, als wir wieder aufbrachen.
Den Bauern der Gegend scheint der Jakobsweg durch ihre Wiesen also nicht so gut zu gefallen wie uns. Auf dem Weiterweg nach Genhofen hatten wir dasselbe Problem noch einmal, zusätzlich lag Stacheldrahtzaun auf dem Weg, dem wir nur mit Mühe ausweichen konnten. Doch trotz der kleinen Hindernisse waren wir pünktlich um 16:15 Uhr am Bus, der uns nach Weitnau zurückbringen sollte. Wir hatten kaum unsere Plätze eingenommen, als es in Strömen zu regnen begann. Jakobus schien also gut auf uns aufzupassen.
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