Fürbitten in der Frauenkirche:
Sei unser Gott, der alle Welt in seiner Liebe leitet.
Halte Deine Hand so wie ein Zelt
Hoch über uns gebreitet.
Sei nah in allem, was geschieht,
und tief in allen Dingen.
Sei unser Gott, der alles sieht
Und hör was wir Dir bringen.
Sei überall, wo Menschen sind
Wo immer Menschen träumen.
Sei leise wie ein sanfter Wind,
der umgeht in den Bäumen.
Sei unser Gott, der mit uns zieht,
mit seinem großen Segen.
Sei unser Leben, unser Lied,
ein Lied auf allen Wegen.
Marktoberdorf, Bahnhof, 9:15 Uhr: Alle angemeldeten
Teilnehmer waren pünktlich zur Stelle. Wir durften einige uns bereits
bekannte Pilger in die Arme schließen und begrüßten neugierig die anderen.
Im Hotel Sepp konnten wir das Gepäck für den Transport bereitstellen und
gingen zuerst zur Frauenkapelle, wo uns Elfie und Erhard Geipel, die
Pilgereltern des neuen Pilgerquartiers in Marktoberdorf und Pfarrer Sager
bereits erwarteten. Nach der offiziellen Begrüßung der Teilnehmer durch
Reinhold sandte uns Pfarrer Sager aus – er hatte extra ein kleines
Liederheft dafür vorbereitet. Wir verteilten unsere selbstgebastelten
Pilgerpässe, Erhard drückte allen den ersten Stempel hinein und dann ging‘s
los - auf die Fußreise nach Bregenz.
Mach dich bereit – brich auf!
Schau nicht zurück.
Denn deine Zeit ist da.
Erster Halt hinter dem Ettwieser Weiher an der
Kindle-Kapelle. Hier stand einst ein uraltes Baumheiligtum – die
Kindletanne. Seit Jahrhunderten brachte man an ihr Papierbilder, Tafeln und
Kreuze als Votivgaben an. Der Sage nach sollen hier vermisste Kinder
wohlbehalten wiedergefunden worden sein. Der Ort gehört zu den seltenen
Kindle – Wallfahrten in Bayern mit einem ungewöhnlichen Brauch: Wenn Kinder
krankgeworden sind, opfert man Kleidungsstücke des kranken Körperteiles und
hängt sie an den Baumstamm vor der Kapelle. 1971 baute der Heimatverein die
alte, baufällige Kapelle neu und stellte einen verästelten Baumstamm daneben
auf, als Ersatz für die alte Tanne. Noch heute hängen daran viele
Kleidungsstücke von Kindern und zeigen an, dass der Brauch immer noch
lebendig ist.
Das passt gut zu der tiefen Volksfrömmigkeit, die wir überall auf dem Münchner Jakobsweg antreffen. Über Jahrhunderte hinweg entstanden, beinhaltet sie ein tiefes Vertrauen zu Gott, zur Muttergottes und zu den Heiligen, die man vor allem in der Not anruft. Für alle Lebenslagen gibt es einen Schutzpatron. Und ich erinnerte daran, dass wir ja auch unseren Patron haben, den heiligen Jakobus, von dem wir hoffen, dass er uns beschützen möge auf unserer Pilgerwanderung in dieser Woche.
Schon hier stellten wir fest, dass sich die harmonische
Gruppe viel zu erzählen hatte, das Tempo gut mithalten konnte und weitgehend
zusammenblieb. Über Leuterschach erreichten wir um 12.45 Uhr die Pfarrkirche
St. Nikolaus im Wald, schon wieder gab’s einen hübschen Pilgerstempel mit
Muschel. Nach kurzer Erklärung gab‘s im Gasthof zur Post eine Stärkung. Sie
war nötig für den folgenden langen Weg durch die Wertach-Auen, der sich
ständig auf- und abwärts schlängelte bis zum Hängesteg über die Wertach, der
ersten kleinen Mutprobe. Der Fluss führte viel Wasser mit sich – es hatte ja
in den vergangenen Tagen immer wieder geregnet – so sah der Steg wenigstens
nicht so hoch aus. Und alle hangelten sich tapfer ans andere Ufer. Petra,
die wegen ihrer Erkältung mit dem Gepäcktransport mitgefahren war, kam uns
entgegen und gemeinsam erreichten wir gegen 17.45 Uhr Görisried und den
Gasthof Hirsch, das erste Nachtquartier. Hungrig, wie wir nach dem langen
Tag waren, schmeckten Hirschbraten und Allgäuer Spätzle sehr gut. Der Abend
gehörte der gegenseitigen Vorstellung und dem Kennenlernen. Die meisten
waren schon auf deutschen Jakobswegen gepilgert und wünschten sich vor
allem, etwas zur Ruhe zu kommen in dieser Woche und „Entschleunigung“ vom
stressigen Alltag. Gegen 21.30 Uhr lichteten sich die Reihen, der lange Tag
zeigte seine Wirkung.
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