Tag 7: Scheidegg - Bregenz / Freitag, 10.9.10

Das Ziel ist auch das Ende. Mit der Freude über die Ankunft verbindet sich die Wehmut über den Abschied. Das Ziel darf nur gekostet werden. Den ganzen Weg lang war es gegenwärtig, und jetzt - am Ziel angekommen - entzieht es sich schon wieder. Obwohl immer weit weg, war es im Gehen näher als in der Ankunft, denn im Moment des Ankommens entfernt sich das Ziel, und der Abschied beginnt ...

Bereits um 7:30 Uhr erwartete uns Pfarrerin Ossig, um mit uns zu beten, zu singen und uns auszusenden. Singend durchschritten wir das Labyrinth im Rhythmus des Liedes: „Wechselnde Pfade, Schatten und Licht. Alles ist Gnade, fürchte dich nicht“. Beim anschließenden Frühstück konnten wir die netten Muschelkärtchen mit den guten Sprüchen verteilen, die Frau Pfau, die erste Herbergsmutter von Scheidegg, vorbeigebracht hatte. Letztmalig sangen wir gemeinsam unseren Kanon „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn“, bedanken uns bei den Herbergseltern für die nette Aufnahme und brachen zur letzten Etappe auf. Gegen 10 Uhr erreichten wir die Ulrichskapelle, wo uns erneut Frau Ossig mit ihrer Kindergruppe begegnete, die uns und den Kindern die Legende vom Heiligen Ulrich und dem Fisch erzählte. In der Kapelle las Reinhold die Geschichte von „Ankunft und Abschied“ vor, wir genossen den schönen Höhenweg zum Pfänder und konnten um 12.30 Uhr vom Pfänderkreuz aus zum Bodensee hinunterschauen. Gemeinsam verzehrten wir die letzten Brotzeitreste – vorwiegend natürlich Allgäuer Käse – aus dem Rucksack und nahmen die Bahn um 13.30 Uhr. Vor der Pfarrkirche St. Gallus in Bregenz erwartete uns Pfarrer Bereuter bereits, erzählte die Geschichte von Gallus und Magnus, führte uns durch seine Kirche und die Michaelskapelle, wo er uns die Kritzeleien der frühen Pilger zeigte – gemalte Muscheln und Schellenkappen sind gut zu erkennen. In großer Runde vor der Kapelle betete er mit uns und gab uns den Pilgersegen. Beim gemeinsamen Lied „Möge die Straße“, das un sere Pilgerreise abschloss, war uns doch etwas wehmütig zumute. Am Bahnhof nahmen wir unser Gepäck in Empfang und nahmen Abschied von unseren Pilgerschwestern und –brüdern, mit denen wir eine angenehme und anregende Pilgerwoche verbringen durften.

Legende vom Ankommen:

Es waren zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch, am Ende der Welt gebe es einen Ort, an dem der Himmel und die Erde sich berühren. Sie beschlossen, ihn zu suchen und nicht umzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten. Sie durchwanderten die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt fordert, und alle Versuchungen, die einen Menschen vom Ziel abbringen können. Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen, man brauche nur anzuklopfen und befinde sich bei Gott. Schließlich fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete, und als sie eintraten, standen sie zu Hause in ihrer Klosterzelle.Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, befindet sich auf dieser Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat.

 

Bericht über eine Pilgerwoche
auf dem Münchner Jakobsweg

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