Münchner Jakobsweg - Prälatengarten
Die Strecke von München nach Schäftlarn ist 23 km lang. Wie oft
waren wir am Wochenende mit leichtem Tagesrucksack diese Strecke
gegangen und hatten es immer als Wanderung ohne größere Anstrengung
empfunden. Doch am ersten Pilgertag auf dem Weg nach Santiago:
Steifer Rücken, brennende Füße, bleierne Müdigkeit! Sollte der
schwere Rucksack doch so viel ausmachen? Mit Mühe hielten wir die
klassische Reihenfolge ein: zuerst in die Kirche, dann in den
Biergarten.
Doch nach der geistigen Nahrung in der barocken Klosterkirche und
der körperlichen Nahrung im Biergarten des Klosterbräustüberls waren
wir soweit gestärkt, dass uns nun der gegenüberliegende
Prälatengarten anlockte.
Der kleine, aber feine Garten ist umgeben von Gebäuden aus der
Barockzeit. Seine geschwungenen Umgrenzungsmauern stammen noch aus
dieser lebensfrohen Zeit. Durch ein rosenbegrenztes Tor treten wir
in den Garten und werden im Juni fast vom intensiven Lavendelduft
betäubt. Kein Wunder: einige fleißige Frauen schneiden mit riesigen
Scheren die Lavendelstauden zurecht, denen dieses starke Aroma
entströmt.
Erst hinter den Lavendelbeeten dringt auch der zartere Duft der vielen Rosen in unsere Nasen. Unsere Füße bewegen sich unwillkürlich auf die Mitte des Gartens zu, auf den kreisrunden Brunnen mit seiner aus einem kleinen Felsen sprudelnden Wasserfontäne. Sie wird von einer Quelle des nahegelegenen Berghangs gespeist, fließt Tag und Nacht, Sommer und Winter. Wie der Kreis kennt sie keinen Anfang und kein Ende und stellt ein Symbol für Gott als Quelle des Lebens dar. Auch außerhalb des Brunnens wiederholt sich die Kreisform, im Weg um das Becken herum und in den anschließenden Rondellen, die von bunten Blumen und Rosen eingesäumt sind.
Vom Becken aus führen vier Hauptwege in die vier
Himmelsrichtungen und sollen mit diesen vier Weltachsen den Kosmos
repräsentieren. Die gesamte Gartenanlage symbolisiert eine in der
Schöpfung verankerte innere Ordnung.
Wanderer und vor allem auch Pilger mit müden Füßen nehmen gerne auf
eine der hübsch geschwungenen Steinbänke Platz, um den ersten
Pilgertag noch einmal Revue passieren zu lassen und innere Einkehr
zu halten. Wenn sie im Prälatengarten das Glück einer tiefen
Begegnung erfahren dürfen oder sogar auf Mitpilger stoßen, die auch
in Schäftlarn übernachten, wird der Kern für eine dauerhafte
Pilgerfreundschaft gelegt.