Münchner Jakobsweg - Die Zeller Kapelle

Wer am zweiten Pilgertag vom Kloster Schäftlarn aus das steile Hochufer nach Ebenhausen erklommen hat, freut sich zwischen Zell und Neufahrn am linken Waldrand kurz vor der Autobahnunterführung über eine kleine Kapelle. Über dem Eingang hängt eine hübsche Jakobsmuschel aus Keramik und zeigt an, dass hier der Münchner Jakobsweg verläuft.

In einer schweren Pestwelle, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung dahingerafft hatte, fasste sich 1634 ein Bauer ein Herz und errichtete ein „Heiligenhäuschen“, das vor den Gefahren der Pest schützen sollte. Die Kapelle stand unter dem Schutz einer mächtigen Buche mit mindestens sechs Metern Umfang, die möglicherweise schon zur Bauzeit gepflanzt wurde oder auch vorher. Doch dieser Ort war vermutlich nicht zufällig gewählt, er soll schon den Kelten als Kultplatz gedient haben. Wünschelrutengänger behaupten, er sei ein Kraftort von höchster Energie und schwören auf die heilenden Kräfte in und um die Kapelle. Empfindsame Menschen spüren ein Kribbeln in den Füßen, wenn sie in der Wiese daneben umherlaufen.

Bei unserem ersten Besuch gingen wir zuerst in die Kapelle, fühlten uns sofort wohl in dem heimeligen Innenraum und baten die wunderschöne Madonna von Ignaz Günther um ihren Schutz auf unserem langen Weg. Draußen vor der Kapelle zog uns magisch die alte Buche an, ihre dicken Wurzeln sahen aus wie ein Sessel, wir kuschelten uns darauf und genossen ihre Wärme. Reinhold fand an ihren Stamm gelehnt eine Wünschelrute. Da er aus seiner Kindheit das Wünschelrutengehen kennt und weiß, dass er dafür geeignet ist, nahm er die Rute auf und umrundete damit die Kapelle. Sein erschrockener Ausruf riss mich aus meiner Zwiesprache mit dem Baum, ich eilte zu ihm: Aufgeregt erzählte er, dass die Rute direkt vor der Kapelle zuerst kurz nach unten, dann explosionsartig nach oben schoss und etwa 30 cm auseinanderriss. Ein seltsames Prickeln durchzuckte dabei seinen ganzen Körper, er war ganz verwirrt und beeindruckt von der Reaktion. Die Rute war nicht mehr zu gebrauchen. Was musste hier für ein Kraftfeld vorhanden sein! Hatte ich es in der Wiese und am Baum nicht ebenfalls bemerkt? Und – „Orte der Kraft“ und „Kraftfelder“ waren ein ergiebiges Gesprächsthema auf dem Weiterweg, bis uns der Starnberger See davon ablenkte.

Oft, wenn wir hier vorbeikommen, sind auch andere Menschen in der Kapelle, halten eine kurze Andacht oder sprechen ein Gebet. Die Kapelle scheint für viele Menschen aus der Umgebung ein beliebter Ort der Einkehr geworden zu sein. Leider wurde die alte Buche inzwischen gefällt. Doch die Kapelle und die umliegende Wiese strahlen nach wie vor ihre Faszination und ihre Kraft aus.